Viele Raketen, wenig Debatten
- Viele Raketen, wenig Debatten
- Im Leserdialog: Hat es die "Nakba" nie gegeben?
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Der Telepolis-Wochenrückblick mit Ausblick
Liebe Leserinnen und Leser,
Sirenen in Aschkelon, in Sderot und Kibuzzim entlang der israelischen Grenze, Raketeneinschläge, gezielte Tötungen und Angriffe auf Medien in Gaza: Der Nahostkonflikt hat uns auch in der vergangenen Woche beschäftigt.
Die gute Nachricht kam zu Wochenbeginn aus Washington. US-Präsident Joe Biden sprach sich für eine Feuerpause in Nahost aus. Wenig später schwiegen tatsächlich die Waffen – und schweigen noch. Damit haben die USA gegenüber der Europäischen Union trotz ihrer lange passiven Haltung die Initiative übernommen. In Brüssel ringt man immer noch um eine gemeinsame – und vor allem internationale relevante – Position.
Bei der Berichterstattung über reine Nachrichten hinaus haben wir Zwischentöne gesucht. Das war nicht unbedingt der Soziologe Moshe Zuckermann, dessen Kritik an der reflexartigen Solidarisierung mit jedweder israelischen Regierung wohlbekannt ist und der auch dieses Mal im Telepolis-Interview wieder betonte: "Judentum, Zionismus und Israel sind verschiedene Kategorien.
Zutiefst humanistisch wirkte eine Rede der deutsch-israelischen Sängerin und Schauspielerin Nirit Sommerfeld, die wir am Sonntag dokumentierten. Sie betonte mit Blick auf die Verletzung der palästinensischen Rechte durch Israel: "All das geschieht im Namen des israelischen Staates, dessen Bürgerin ich bin, und dessen Sicherheit angeblich Staatsräson des deutschen Staates ist, dessen Bürgerin ich auch bin. Aber es geschieht nicht in meinem Namen, das sage ich ausdrücklich als Jüdin, als Israelin und als Deutsche."
Dem Nahostkonflikt kam zeitweise sogar mehr Aufmerksamkeit als der Corona-Pandemie zu. Dabei sind die Pandemie und die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus nach wie vor das beherrschende Thema im Alltag der Menschen. Wolfgang Lieb, der unter Helmut Schmidt der Planungsabteilung des Bundeskanzleramtes angehörte und später Pressesprecher von Johannes Rau in NRW wurde, plädierte fundiert und detailliert für eine Freigabe von Impfpatenten.
Telepolis-Autor und Mediziner Klaus-Dieter Kolenda diskutierte die Risiken der zugelassenen Corona-Impfstoffe und Telepolis-Redakteur Thomas Pany schaute sich an, wie Kinder durch die Pandemie kommen.
Offene Fragen und Widersprüche zu Ryanair, Belarus und Lukaschenko
Nahost, Corona, Innenpolitik – all dies wurde am Ende der Woche durch einen Billigflieger verdrängt. Eine Maschine der Ryanair wurde von der weißrussischen Regierung angeblich wegen einer Bombendrohung in Minsk zur Landung gezwungen. "Nach starken Indizien ging es dabei nur um die Verhaftung eines oppositionellen Bloggers", stellte unser Autor Roland Bathon umgehend fest. Er beleuchtete den Fall am gestrigen Montag und verwies auf Parallelen zu einer ebenfalls erzwungenen Zwischenlandung im Jahr 2013.
Damals fand das Ereignis über dem Luftraum der EU statt, an Bord saß der damalige bolivianische Präsident Evo Morales. Und weil das im Leserforum schon heiß diskutiert wurde: Nein, die beiden Fälle lassen sich rechtlich nicht vergleichen. Politisch sind die Unterschiede in den Reaktionen aber beachtlich.
Auch deswegen habe ich die beiden Fälle noch einmal gegenübergestellt und Morales aus einem Interview zitiert, das ich mit dem ersten indigenen Präsidenten Lateinamerikas zwei Jahre später, Ende 2015, bei einer Großveranstaltung an der TU Berlin führte.
Das Schicksal von Roman Protasewitsch, auf das wir auch heute noch einmal eingehen, bewegt nun nicht nur uns Journalisten, sondern auch die Staats- und Regierungschefs der EU, die gestern und heute zu einem schon vorab geplanten Sondergipfel zusammengekommen sind. Auch über die neuen Sanktionen gegen Belarus werden wir heute berichten, zumal der Fall sich sicherlich auch wieder auf das Verhältnis zu Russland auswirken wird. In der Telepolis-Redaktion werden wir die Debatte weiterverfolgen und Sie auf dem Laufenden halten.
Im Laufe dieser Woche wird sich unsere Autorin Karin Leukefeld zudem mit den Präsidentschaftswahlen in Syrien befassen. Dabei geht es nicht nur um Staatschef Baschar al-Assad, sondern auch um die Perspektive des Konfliktes.
Berichten werden wird diese Woche zudem über den Impfgipfel von Bund und Ländern und über das EU-Außenministertreffen.
Arkás: Lebenslänglich (6) (8 Bilder)
Wie wird der Klimawandel unser Leben beeinflussen?
Mit unserem Autor Nick Reimer spreche ich über sein Buch Deutschland 2050. Begleitend lesen Sie einen Auszug aus dem Buch, das der Kollege zusammen mit Toralf Staud bei Kiepenheuer & Witsch veröffentlicht hat. In beiden Stücken geht es um die Frage, wie der Klimawandel unser Leben in den kommenden knapp drei Jahrzehnten verändern wird.
Selbst wenn es Deutschland und der Welt gelingen sollte, den Ausstoß von Treibhausgasen in diesem Zeitraum drastisch zu reduzieren, stehe bereits jetzt eine Veränderung des Klimas fest, konstatieren Reimer und Staud: "Im Jahr 2050 wird es bei uns im Durchschnitt mindestens zwei Grad Celsius wärmer sein. Was sind die praktischen Konsequenzen dieses Temperaturanstiegs? Wie wird unser Leben in Deutschland in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts konkret aussehen, wenn es immer heißer, trockener und stürmischer wird? Welche Anpassungen werden nötig und möglich sein?" Einige dieser in der Buchpräsentation gestellten Fragen werden diese Woche bei Telepolis beantwortet.
Zwei Neuerungen gibt es in der Redaktion. Zum einen sind wir in der vergangenen Woche mit der neuen Kolumne Drei Fragen aus dem Forum gestartet, die unser Autor Ernst Corinth betreut. Wir werden dafür jede Woche drei Themen aus dem Forum auswählen und diskutieren.
Sollten Sie also ein Thema ansprechen und im redaktionellen Teil berücksichtigt haben wollen, weisen Sie gerne im Titel Ihres Kommentars darauf hin, oder schicken Sie eine kurze Mail mit dem entsprechenden Link an uns.
Um diese Rubrik von der neuen Kolumne anzugrenzen, heißt der zweite Teil ab heute Im Leserdialog. Dabei möchte ich, wie in den vergangenen Wochen, nicht nur Wortmeldungen aus dem Forum berücksichtigen, sondern auch Zuschriften, die uns auf anderem Wege erreichen, oder externe Kommentare mit Bezug auf die Berichterstattung von Telepolis. Heute geht es, und damit schließt sich der Kreis, um die historischen Ursachen des Konfliktes im Nahen Osten.
Bis dahin, bleiben Sie uns gewogen, Ihr
Harald Neuber