Die Online-Miliz

Eine politisch einseitige, pro-israelische Gruppe aus den USA will im Selbstauftrag das Web überwachen und von extremistischen muslimischen Sites säubern

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Internet haganah wird von dem Amerikaner Andrew Aaron Weisburd betrieben und dient dazu, die Sache Israels und der Juden auch im Internet aktiv zu vertreten (Wo der Bart der Fanatiker im Netz wuchert). Die selbsternannte "Online-Selbstverteidigungstruppe" - oder sollte man sagen: Online-Miliz? - demonstriert einen neuen Typus des Internetaktivismus, der nicht mehr Website von Gegnern etwa durch DoS-Angriffe lahmlegt oder diese knackt, um selbst Botschaften darauf zu hinterlassen, sondern der versucht, aus seiner Sicht unerwünschte Websites durch Druck auf die Provider und im Namen der Terrorismusbekämpfung aus dem Netz zu löschen. Geworben wird etwa auch für Mahal2000. Über diese Organisation können sich Juden, die nicht in Israel leben, für einen Militärdienst in Israel melden. Und Nähen hat man auch zu Daniel Pipes und seinem Campus Watch (Vergib niemals die Chance auf Sex oder einen Fernsehauftritt!).

Man hat den Eindruck, dass Aaron Weisburd, der Gründer und Betreiber von Internet Haganah, Tag und Nacht tätig ist und das Web auf der Jagd nach verdächtigen Websites von islamischen Gruppen durchsucht, die terroristisch oder antisemitisch orientiert sind oder dies zumindest für den Scout an der Online-Front sind. Ziel von Internet Haganah ist, muslimischen Terroristen oder Extremisten, die zur Propaganda, Anwerbung oder Kommunikation Websites bei Providern einrichten oder sie manchmal auch durch einen Hack unbemerkt dem Betreiber eines Servers unterschieben, wieder aus dem Internet zu vertreiben.

"Vor kurzem stellte jemand fest, dass unsere Märtyrer ihr Leben einsetzen, um Leben zu retten, während ihre Märtyrer ihr Leben einsetzen, um Leben zu nehmen. Das ist, kurz gefasst, der Unterschied zwischen uns und ihnen."

Aaron Weisburd zu den der Fatah Arafats nahestehenden al-Aksa Märtyrerbrigaden

Haganah crackt keine Websites oder legt sie mit DoS-Angriffen lahm, sondern versucht, die Provider davon zu überzeugen, die beanstandeten Seiten vom Netz zu nehmen. Das mag bei offensichtlichen terroristischen Gruppen ganz in Ordnung gehen, obgleich die kriminellen Terroristen der einen Seite für die andere Seite Freiheitskämpfer und Helden sein können, es also durchaus auch darauf ankommt, wer die Situation definieren kann. Für Haganah ist der Hintergrund und auch die rechtliche Situation, die für den Provider besteht, an sich relativ egal, wenn nur das Netz von den muslimischen Seiten gesäubert wird. Unparteiisch ist man bei Internet Haganah nicht. Man wird kein kritisches Wort über das Vorgehen der israelischen Regierung oder des israelischen Militärs finden, aber beispielsweise große Freude, wenn die Websites der den tschetschenischen Rebellen/Terroristen (?) nahestehenden "Nachrichtenagentur" Kavkaz.org oder Kavkacenter.com wieder einmal aus dem Netz verschwunden sind (und dann irgendwann wieder unter einem anderen Namen auftaucht).

Minenfelder für die Meinungsfreiheit und das zensursprengende Potenzial des Internet

Internet Haganah versteht sich offenbar tatsächlich als eine von den USA aus operierende Selbstverteidigungsgruppe im Internet, die keine politischen, sondern nur kriminelle Gegner kennt und sie verfolgt, bis ihre Online-Existenz ausgelöscht ist und die entsprechende Website in die Liste der erledigten Seiten eingetragen werden kann. Das ist aus der Sicht einer parteiischen Initiative eigentlich ganz in Ordnung, nur stellt sich allgemein die Frage, ob dieses Vorgehen zur allgemeinen Maxime im Internet werden sollte - und darf.

Wenn Haganah ICANN-Regeln wie im Fall von Kavkaz.org einsetzt, um zu fordern, dass eine Website vom Netz genommen wird, weil der Betreiber nur eine Fake-Identität angegeben hat, so scheint dies auf den ersten Blick konform mit der ICANN-Politik zu gehen, bei der eine korrekte Angabe von Personendaten für die Einrichtung einer Domain verlangt wird. Begründet wurde das Anliegen aber auch damit, dass die zweifellos parteiische "Nachrichtenseite" eine Website derjenigen tschetschenischen Terroristen war, die das Theater in Moskau besetzt hatten:

"KAVKAZ.ORG is the website of the Chechen Mujhadeen. These are the terrorists who took over the theater in Moscow, shot several before being gassed by the Russians authorities (over 119 dead). They have 'parked' their domain at an ISP: Interland in Atlanta Georgia. Since they have so obviously submitted FALSE information to InterNIC, I would like to see their domain name cancelled -- or awarded to some anti-terrorist organization."

Wie nun auch immer diese "tschetschenische Nachrichtenagentur" beurteilt werden mag, so macht dieser Fall etwas deutlich, was zumindest nachdenklich machen sollte. Das Web bietet erstmals nicht nur allgemein verurteilten Kriminellen oder Terroristen, sondern auch beispielsweise Oppositionsgruppen, die in einem Land verfolgt werden, die Möglichkeit, ihr Anliegen an die Öffentlichkeit zu bringen. Nehmen wir einmal an, es würde sich um chinesische, nordkoreanische oder - warum nicht? - irakische Gruppen handeln, die eine Demokratisierung oder auch eine Autonomie für ihre Ethnie fordern und von ihrem jeweiligen Regime als Subversive oder Terroristen verfolgt werden. Sie könnten, wie immer auch vermittelt, nur unter Bedingung der Anonymität eine Website einrichten und Inhalte posten, wenn der ausländische Staat, in dem der Provider sich befindet, nicht dieser Gruppe Meinungsfreiheit zugesteht und so ein Vertreter im Exil die Seite ganz konform mit dem Recht des jeweiligen Landes betreiben kann. Die Sache: Herstellung eines demokratischen Rechtsstaates oder Loslösung eines Territoriums aus einem Staat sind an sich nicht verwerflich. Der in der Realität stattfindende Kampf hat meist eine lange Geschichte von Gewalt und Gegengewalt.

Recht ist Landesrecht

Der Fall ist nicht banal, wie sich beispielsweise daran sehen lässt, dass die demokratischen USA durchaus die Meinung von politischen Extremisten schützen, die in demokratischen Staaten wie Deutschland oder Frankreich strafrechtlich verfolgt würden. Muslimische Extremisten und Organisationen haben im Gegensatz zu Staaten, die wie China, Saudi-Arabien, Nordkorea oder der Irak über staatseigene Provider ihre Websites betreiben können, möglicherweise den Nachteil, nicht wirklich ihre Websites bei Providern eines Staates unterbringen zu können, der ihnen nicht nur wohlgesonnen ist, sondern sich dies auch in der weltpolitischen Lage erlauben kann oder will.

Also flüchtet man vielfach vorwiegend zu amerikanischen Providern (obwohl man ansonsten zum Boykott von amerikanischen Firmen aufruft), bei denen man oft auch kostenlos seine Informationen unterbringen kann - und sich dann gleichzeitig bei einer allgemeinen, wenig differenzierten Ablehnung in der Position des Schwächeren gegenüber Initiativen wie Internet Haganah befindet. Die rechtfertigen zwar nicht explizit manche der Übergriffe der israelischen Regierung oder Armee, können aber auch dafür auf die Weise mitverantwortlich gemacht werden, wie Haganah dies mit muslimischen Seiten macht. Da kann schon eine vermutete Nähe zu Hamas, Dschihad, Fatah, al-Aksa, Taliban oder natürlich al-Qaida reichen, um zu rechtfertigen, dass deren Seiten aus dem Netz verschwinden müssen.

Beim aktuellen Fall von Internet Haganah ist das Vorgehen allerdings nach amerikanischem Recht gedeckt. Die al-Aksa Märtyrerbrigaden besitzen eine Website www.fateh.tv/, die von dem amerikanischer Provider DreamHost gehostet wird. Nach den beiden Selbstmordanschlägen in Tel Aviv, bei denen am letzten Sonntag 23 Passanten getötet und mehr als hundert Menschen verletzt wurden, hatte sich zwar auch der Islamische Dschihad dafür verantwortlich bekannt, doch vermutlich kamen die Attentäter von den al-Aksa-Brigaden, auf deren Website sie jetzt auch mit Bild vorgestellt wurden. Ihre Tat wird in einer "militärischen Bekanntgabe" des "militärischen Flügels der Fatah-Bewegung" im Rahmen des "heiligen Dschihad" begrüßt, weitere Anschläge versprochen.

Die US-Regierung hat erst im März dieses Jahres die al-Aksa Märtyrerbrigaden in die Liste der Terrororganisationen aufgenommen. Bürger der USA dürfen Organisationen, die in der Liste stehen, auf keine Weise unterstützen. Die Sache ist rechtlich also eindeutig für den kalifornischen Provider DreamHost.

Für uns oder gegen uns

Yair, ein Mitarbeiter - oder Mitkämpfer (?) -, hatte deswegen schon vor den neuen Anschlägen an den Provider geschrieben und gefordert, die Seite vom Netz zu nehmen, da sie eine "Terroristen-Website" sei: "Menschen sind wegen der Inhalte auf dieser Site gestorben und werden noch deswegen sterben. Gleich ob es Beweise dafür gibt oder nicht, so ist es eine TERROR-Organisation. Ich denke, Sie finden es gut, wenn Sie den Scheck der TERRORISTEN auf IHR Bankkonto einziehen. Tote Babies sind das Endergebnis ... Meinungsfreiheit ... Tote Babies ... Sie haben die Wahl."

Das war eindrucksvoll geschrieben, doch ein William von DreamHost ließ sich davon offenbar nicht beeindrucken und antwortete: "Ich entscheide mich für die Meinungsfreiheit. Ihnen steht es frei, sich an dei Behören zu wenden, wenn Sie der Meinung sind, dass wir unrechtmäßige Inhalte hosten." In diesem Fall also handelt es sich um eine in den USA in die Liste der Terrorgruppen aufgenommene Organisation. William sollte auf die Aufforderung hin die Website vom Netz nehmen. Für Aaron Weisburd hat die Angelegenheit sowieso nichts mit Meinungsfreiheit zu tun: "Aber Yairs anderer Punkt, nämlich dass DreamHost sich entscheiden muss, blutiges Geld von Terroristen zu nehmen, ist ein guter Punkt. Es geht um Firmen wie DreamHost, die sich für den Profit vom Terrorismus entscheiden, indem sie wissentlich mit Terrororganisationen wie den al-Aksa-Brigaden Geschäfte machen."

Weisburd will sich zwar an die Behörden wegen einer Anzeige wenden, weswegen die Inhalte der Website auch erst einmal von einem Sprachkundigen durchgegangen werden, ob sich auf dieser etwas Verbotenes finden lässt, doch dies ist für den Online-Verteidiger erst ein Anfang:

"Wenn Firmen wie DreamHost mit Terroristen Geschäfte machen wollen, dann sollte dies Konsequenzen haben. Nennen wir es das "Williams Gesetz" nach dem oben zitierten Herrn, der eine solche herzlose Geringschätzung für die Opfer des Terrorismus zeigt. Ich schlage vor, dass jede Firma, die sich entscheidet, wenn sie zuvor ordentlich darüber informiert worden ist, vom Terrorismus zu profitieren, dies weiterhin zu machen, vor dem Zivilgericht für die Verletzungen, die Tode und die Schäden, die durch ihre Kunden verursacht wurden, haftbar gemacht wird."

Sind alle tschetschenischen Rebellen Terroristen

Es handelt es sich um das Vorgehen einer kleinen Gruppe, die eigenmächtig wie eine Art Bürgerwehr - und so scheint man sich auch zu verstehen - im Internet auf Patrouille geht und nach Terroristen sucht. Auch ohne den Umweg über Gesetze und Behörden hat es Internet Haganah geschafft, auf diese Weise 20 Domains zu entsorgen. Wer aber soll darüber entscheiden, welche Websites tatsächlich einer Terrororganisation zuzuordnen bzw. deren direkter Propagandaarm sind oder von Menschen eingerichtet werden, die sich gegen einen Staat, eine Macht oder eine Politik wenden und dabei ähnlich unkritisch mit den ihnen näherstehenden Terroristen/Rebellen umgehen wie Internet Haganah mit den Aktionen der israelischen Regierung und deren blutigen Folgen?

Dass US-Provider gut unter Druck gesetzt werden, wenn man ihnen vorwirft, sie würden muslimische Terroristen oder gar al-Qaida unterstützen, liegt derzeit auf der Hand. Bei den tschetschenischen Rebellen/Terroristen etwa ist die Angelegenheit wegen der wahrscheinlich größeren Distanz - auch wenn das sowjetische Vorgehen in Afghanistan und später das russische in Tschetschenien sicherlich einen großen Beitrag zur Stärkung und Radikalisierung des muslimischen Terrorismus beigetragen hatte - noch weitaus weniger leicht. Zumal sich Internet Haganah auch rühmt, die Infoseiten kavkaz.org und später kavkazcenter.com "inaktiv" gemacht zu haben ( zu kavkaz.org siehe auch Kavkaz.org wurde vom Netz genommen). Die Website, die zuerst mit einer fiktiven Adresse registriert war und dann unter einer Adresse in Istanbul wieder angemeldet wurde, erklärte man kurzerhand als "website of al Qaida's Chechen division".

Das steht ironischerweise im seltsamen Gegensatz zu einer verschwörungstheoretischen Spekulation, die im Spiegel Online gemacht wurde, nachdem die Website kavkaz.org, die es seit 1999 gab, auf der man mit den muslimischen Terroristen/Rebellen deutlich sympathisierte und neben einer anti-russischen auch eine anti-amerikanische Einstellung pflegte, in den USA nach der Besetzung des Moskauer Theaters nicht gleich vom Netz genommen wurde. Angemeldet hatte die Seite Mawladi Adogov, der als Informationsminister zur Untergrundregierung der Rebellen gehören und die Website von Georgien aus betrieben haben soll.

Seiner Zeit kam man mit Internet-investigativen Nachforschungen, die ja auch in die Irre führen können, zu dem Schluss, dass über einige Verbindungen wie dem Provider Cogent, zu dessen Geldgebern die Firmen Metacarta und In-Q-Tel gehören, die Website irgendwie vom NSA und CIA gefördert werde, um, so Patalong, direkten Zugriff auf die Informationen zu haben: "Welchen Weg der Datenstrom vom User zu Kavkaz und zurück auch nimmt, in den Vereinigten Staaten läuft er ausschließlich über die Kabel und Server von Firmen mit besten Kontakten zu Geheimdiensten. Diese Firmen sind zudem verbunden mit Dienstleistern, die sich auf Lokalisierung von Usern und Dokumenten in digitalen Netzen spezialisiert haben. Der Rest ist eine nicht beweisbare Spekulation, für die man aber wohl kaum einsteinsche Geistesqualitäten mitbringen muss: Bei Kavkaz liest der Freund/Feind mit - in beiden Richtungen."

"The Kavkaz-Center Internet Agency is oriented to cover events in the Islamic world, Caucasus and Russia. One of the main tasks of Kavkaz-Center is to cover the events in the Chechen Republic of Ichkeria (the C.R.I. for short) concerning the Russian military invasion against the C.R.I.

Kavkaz-Center is a private independent agency. It does not reflect viewpoints of any states, governmental structures or the Chechen government. Along with that, the Kavkaz-Center Agency has set the goal to cover the real events in Ichkeria under the conditions of total informational blockade, and bring to the world community the truthful information about the war, war crimes, the facts of genocide of the whole nation by the invading state and the position of the defending side - the Chechen Mujahideen." - Selbstdarstellung des Kavkaz Center

Anscheinend hat der Geheimdienst dann doch nicht geholfen, zumal die Website unter kavkazcenter.com bei einem anderen US- und dann bei einem britischen Provider wieder auftauchte. Später verschwand die Website wieder. Doch jetzt sind sogar kavkazcenter.com, kavkazcenter.net, kavkazcenter.info und kavkaz.tv online von Udug unter einer türkischen Adresse registriert worden. Das hat gleich wieder Weisburd in Aktion versetzt, der sich zudem erfreut zeigt, dass die Betreiber von Kavkaz behaupten, der russische Geheimdienst sei dafür verantwortlich gewesen, dass VeriSign Ende Oktober kavkaz.org gesperrt und die Domain einem anderen Menschen übertragen habe. So wird nun die russische Regierung und der russische Geheimdienst zu "Verbündeten" von Haganah in der Jagd nach Seiten, die mit dem Terrorismus verbunden sind.

Werden einigen Schurkenstaaten wie dem Irak eigene TLDs verweigert?

Solange die Welt noch plural ist, gibt es die Chance, für Terroristen nahestehenden Gruppen, für Freiheitskämpfer oder Aufständische und mit ihnen sympathisierende Organisationen, aber auch für in einem Land verfolgte Oppositionsgruppen die Weltöffentlichkeit über das Web über ihre Ziele, Aktionen und Absichten zu informieren. Mit einem solchen Aktionismus, wie ihn Haganah betreibt und vielleicht in Zukunft auch analoge muslimische Online-Milizen oder hierzulande extremistische rechte Gruppen entfalten können, wird es für demokratische Rechtsstaaten bedenklich.

Dass nur die "Guten" Druck auf Provider ausüben können, kann keineswegs garantiert werden. Es verschwimmen die Grenzen zwischen dem in einem demokratischen Rechtsstaat Illegalen und dem von manchen Gruppen Unerwünschten. Haganah geht es auch darum, dass Terrorismus nicht über das Web propagiert wird, dass Terroristen keine neuen Mitglieder werben oder sich dort organisieren können. Allerdings gab es Terrorismus auch schon vor dem Internet, überdies kann sich eine Gesellschaft nicht gegen den Terrorismus immunisieren, wenn sie nicht weiß, was er beinhaltet. Das genau ist das Dilemma. Und da das Verbotene und Unterdrückte neugierig macht und anzieht, können Zensurmaßnahmen wie die von Hagannah (oder von der Düsseldorfer Bezirksregierung) erst recht die Aufmerksamkeit darauf lenken.

Im Fall von Haganah geht es bereits nicht nur um die Durchsetzung etwa des amerikanischen Rechts. Es ist eine politisch einseitige Gruppe, die tendenziell alles in die terroristische Ecke rückt, was nach muslimischem Extremismus riecht. Terrorismus ist ein besonders heikles Thema, auch die strafrechtliche Verfolgung einer Gruppe als terroristische Vereinigung und von Einzelnen als Terroristen mitsamt ihren angeblichen Sympathisanten und Unterstützern in einem demokratischen Rechtsstaat garantiert keineswegs Vernunft und Maß. Sie ist oft genug auch die Reaktion, die die Spirale der Gewalt anheizen kann, aber zumindest geschieht Zensur hier nicht völlig willkürlich und sollte auch mit rechtlichen Schritten anfechtbar bleiben.

Interessant in diesem Zusammenhang wäre freilich auch zu klären, warum zwei Staaten aus der "Achse des Bösen", nämlich Nordkorea und der Irak, keine eigene Top-Level Domain besitzen. Daher gibt es auch keinen Registrar für die root zone kp. Für iq ist seltsamerweise seit 1997 eine arabische Firma namens Alani aufgeführt, die mit der amerikanischen InfoCom mit Sitz in Texas verbunden ist. Vergeben werden von dieser Firma aber keine .iq-Domains, weswegen die irakische Regierung etwa auf .net-Domains wie www.uruklink.net/ angewiesen ist.

Allerdings gibt es seit einiger Zeit einen (staatlichen) Internetprovider im Irak, der für einen Internetzugang jährlich 750 Dollar verlangen soll. Doch regelt nicht nur das Geld den Kontakt mit dem Ausland in einem Land, in dem Privatpersonen auch Faxgeräte und Satellitenschüsseln verboten sind, der Zugang zu unerwünschten Websites wird auch blockiert. Im Jahr 2000 wurde in Bagdad das erste Internetcafe eröffnet, selbst Saddam Hussein ist theoretisch über Email erreichbar (Die Geheimnisse der Mailbox von Saddam Hussein).

Futurzone vermutet hinter den fehlenden ccTLDs für Nordkorea und den Irak die Hand der US-Regierung, auf der Website der dafür zuständigen ICANN sind darüber aber keine Informationen zu finden:

"Für "Schurkenstaaten" gibt es zur Strafe keine Internet-Domains von den USA. Sowohl Nordkorea als auch der Irak haben bis jetzt keine eigene Top-Level-Domain erhalten. IQ und KP werden nicht vergeben, die Vergabe von SO-Adressen für Somalia wurde einer fehlenden Regierung wegen ausgesetzt."

Zumindest aber hätte die US-Regierung, die der ICANN nur eine bedingte Freiheit gewährt hat, die Möglichkeit, auch selbst erklärte "Schurkenstaaten" aus dem A-Root Server zu entfernen. Damit wäre ein Land nicht mehr übers Internet erreichbar. Die meisten Root Server befinden sich ebenfalls in den USA, jeweils einer auch in Schweden, Japan und Großbritannien.