52 französische Parlamentarier kritisieren Spaniens Repression

Spanisches Parlament, vorne rechts die Regierungsbank mit Premier Pedro Sánchez linksaußen und Außenminister Josep Borrell als dritte Person von links. Bild (2019): Ministry of the Presidency. Government of Spain

In einem Offenen Brief zeigen sich auch Chefs verschiedener Parteien besorgt über die "Repression gegen gewählte Vertreter Kataloniens"

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Insgesamt 52 Mitglieder der französischen Nationalversammlung sind entsetzt über die spanische Repression in Katalonien. "Seit vielen Monaten hält die Situation der politischen Anführer aus Katalonien an. Wir sind beunruhigt", erklären die Unterzeichner eines Appells zu den katalanischen politischen Gefangenen, deren sofortige Freilassung auch die UNO-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen fordert.

Man wisse um die Kontroversen über den Status Kataloniens und das Ziel sei nicht, sich in diese Debatte einzumischen, so das offene Schreiben aus Frankreich. Deshalb habe man gewartet, bis bestimmte Fristen zur Wahl abgelaufen waren, um sich zu der Frage zu äußern.

Da Spanien im November die vierten Wahlen in nur vier Jahren erlebt, falls sich der Sozialdemokrat Pedro Sánchez nicht doch noch reale Verhandlungen in den verbleibenden 20 Tagen führt, wurde nun gehandelt. Denn nach dem absurden Prozess gegen die Katalanen wird Anfang Oktober die Verurteilung erwartet. Dass wissen auch die französischen Parlamentarier, obwohl im Verfahren die Vorwürfe einer angeblichen Rebellion, Aufruhr oder Veruntreuung nicht bewiesen werden konnten.

Dass es zu Verurteilungen kommen wird, ist eigentlich allen klar, obwohl auch in Deutschland, Belgien, Großbritannien und der Schweiz die Vorwürfe nicht belegt werden konnten, weshalb Auslieferungen von Exil-Katalanen verweigert wurden.

Angesichts der bevorstehenden Urteile wollen die Parlamentarier ihre "Besorgnis und Missbilligung" dagegen zum Ausdruck bringen, was sie "eine Verletzung der Grundfreiheiten und der Ausübung der Demokratie" nennen, wie es in dem Schreiben zu lesen ist, das vergangenes Wochenende im Le Journal du Dimanche veröffentlicht wurde.

Dass Grundrechte ausgehebelt werden, ist offensichtlich, da sogar gewählten Abgeordneten über Tricks die Immunität aberkannt wurde. Zudem macht auch das Europaparlament die spanischen Spielchen mit und verweigert zwei gewählten Exil-Katalanen, ihre Sitze einzunehmen.

Die Kritiker

Unter den Kritikern findet sich der Chef der Liberalen UDI, Jean-Christophe Lagarde, genauso wie der Generalsekretär der Kommunistischen Partei, Fabien Roussel, oder der Anführer der Linkskoalition La France Insoumise, Jean Luc Mélenchon. Dabei sind auch Sozialdemokraten wie Régis Juanico oder ehemalige Ministerinnen wie Marie George Buffet oder Sylvia Pinel. Für diese Abgeordneten ist klar, dass es um eine politische Debatte geht, in der die spanische Repression nichts zu suchen hat.

Angesprochen wird auch, dass der ehemalige Regierungschef Carles Puigdemont ins Exil gehen musste und 12 katalanische Aktivisten und ehemalige Regierungsmitgliedern "Gefahr laufen", zu langen Haftstrafen verurteilt werden. Und das alles nur deshalb, weil sie eine "eine Abstimmung organisieren wollten", wird mit Blick auf das Referendum erklärt, dass Spanien mit brutaler Gewalt verhindern wollte.

Eine solche Gewalt sieht man derzeit auch in Hongkong von Seiten Chinas, aber anders als in Katalonien auch von den Demonstranten. Trotz allem wird das Vorgehen Chinas in ganz Europa kritisiert, während man Spanien und seine Repression gegen Katalonien deckt und unterstützt.

Forderung nach einem Ende der "willkürlichen Maßnahmen"

Gern verweist Spanien in Bezug auf Katalonien auf die Einhaltung institutioneller Regeln und vergisst dabei gerne, dass man den UN-Sozialpakt ratifiziert hat, der das Selbstbestimmungsrecht als Menschenrecht definiert.

Die Achtung diese Regeln sei eine Sache, meinen die französischen Parlamentarier, die andere, dass "die politische Debatte nicht durch Repression, durch Angriffe auf die Rechte der Menschen, durch eine Form der Meinungsverbrechen entschieden werden kann". Sie fordern eine Entspannung der Situation und ein Ende "willkürlicher Maßnahmen" von Spanien.

Außenminister Josep Borrell: "Ignoranz der Realität"

Anders als zuvor reagierten spanische Vertreter getroffen. Schon im März dieses Jahres hatten 41 französische Senatoren die Lage im Nachbarland scharf kritisiert. Sie hatten "Respekt vor Rechten und Freiheiten in Katalonien" gefordert. Die gemischte Gruppe sprach von einem "realen Angriff auf demokratische Rechte und Freiheiten" und forderte von der französischen Regierung und der EU erfolglos ein Eingreifen, um "politische Lösungen für politische Probleme" zu finden.

Auf den aktuellen zweiten Vorstoß reagierte nun der geschäftsführende spanische Außenminister Josep Borrell in seiner gewohnten Art. Der wohl undiplomatischste Diplomat auf weiter Flur, der demnächst EU-Außenbeauftragter werden soll, kanzelt die Parlamentarier in seiner arroganten Art ab und wirft ihnen "Ignoranz der Realität in Spanien" vor.

Ob unabhängige Gerichte in Deutschland, Belgien, Schweiz oder Großbritannien, ob Experten der UNO für willkürliche Verhaftungen oder Parlamentarier, alle haben offenbar "keine Ahnung", wenn sie sich gegen seine Propaganda-Abteilung "España Global" stellen.

Fakten

Man fragt sich, warum der Mann immer wieder betonen muss, dass Spanien ein Rechtstaat mit funktionierender Gewaltenteilung sei. Ein Faktum ist, dass sogar Richter und Staatsanwälte, die immer wieder in den Streik treten, genau das anzweifeln.

Ein anderes Faktum ist, dass Borrell schon beim Lügen erwischt wurde, weshalb er vom Chefposten des Europäischen Hochschulinstituts zurücktreten musste. Der Mann, der gegen die katalanische Demokratiebewegung im Boot mit Rechtsextremisten sitzt, wurde sogar schon wegen Insidergeschäften an der Börse verurteilt.

Im Sommer stand er erneut im Scheinwerferlicht, weil er in halb Europa hinter Katalanen und Sympathisanten her spionieren ließ, wie Telepolis aufgedeckt hat. Im Fall der deutschen Marie Kapretz hat das nun ein juristisches Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft hat die Anzeige von Kapretz, die hier auch in deutscher Sprache zu finden ist, inzwischen angenommen.

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