Der Mehrwert ist überhaupt kein Rätsel
Seite 6: Einwand 7: Geh doch erstmal arbeiten!
- Der Mehrwert ist überhaupt kein Rätsel
- a) Arbeitsmehrwertlehre ist unvollständig
- b) Fiktion als Einwand gegen Wissenschaft
- c) Theorien über den (Mehr-)wert
- Einwand 3: Mehrwert ist gar kein Kriterium für die Produktion
- Einwand 7: Geh doch erstmal arbeiten!
- Einwand 9: Kommunismus widerspricht der Natur des Menschen
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Fortsetzung Marx ist Murks Teil 1:
Nicht labern, klotzen!
Aber es steht den Genossen frei, im Rahmen [!!!] des aktuellen Systems kommunistisch motivierte Betriebe zu gründen und ihre These zu beweisen, dass kommunistische Betriebe besser sind. [...] Ca. 10% der Menschen wählen "Die Linke". Also warum fangen diese 10% nicht an, jetzt einfach kommunistische Genossenschaften [!!!] zu gründen und stecken ihre Arbeitskraft in dieses Projekt. Mit 8.000.000 Menschen kann man eine Menge aufbauen. Beweist, dass es funktioniert! Niemand [!!!] wird Euch daran hindern - aber Ihr steht natürlich in Konkurrenz [!!!] zu kapitalistischen Firmen. Auf das Ergebnis bin ich gespannt.
Forist "Karl Sten"
Was ist denn das für ein Vorschlag? Da stimmt ja vorne und hinten nichts, weder logisch noch historisch. Man solle also eine kommunistische Planwirtschaft "im Rahmen des aktuellen Systems" installieren, die sich auch noch in "Konkurrenz zu kapitalistischen Firmen" bewähren soll - einfach so: "Niemand wird Euch dran hindern". Als ob!
Dass es zu jeder revolutionären Erhebung eine brutalstmögliche Konterrevolution gab, dass es in Folge manch erfolgreicher Revolutionen einen atomwaffengeschwängerten kalten Krieg (UdSSR, China) gab mit wirklich blutigsten Verlaufsformen an der Peripherie (Vietnam, Afghanistan, Laos, Korea, Angola, Algerien etc.), der heute noch seine Fortsetzung findet gegen Staaten, die sich auch nur ansatzweise sozialistisch orientieren wollen (Kuba, Venezuela, Nicaragua, Bolivien etc.). Diese Staaten werden mindestens mit einem Embargo und Sanktionen belegt - sei es nun offen ausgesprochen oder verdeckt Steine in den Weg legend -, welche zu einer prekären Versorgungslage führen, die man dann wiederum dem dortigen Regime anlasten kann: "Schaut her! Sozialistische Mangelwirtschaft!" Man provoziert dort mutwillig Bürgerkriege und macht wirklich alles dafür, damit der vom Foristen geforderte Beweis eben nicht erbracht werden kann.
Das alles, so ziemlich die gesamte Geschichte der kriegerischen Gewalt des 19., 20. und 21. tut er mit einem Wisch einfach - mir nichts, dir nichts - beiseite, als hätte es das alles nie geben. Doch, solche Versuche gab es bereits zuhauf, ja selbst in Deutschland, aber die wurden mit härtester Brutalität niedergemacht, noch bevor sie sich entfalten und zeigen konnten, was möglich ist (Stichworte: Weberaufstand 1844, Novemberrevolution 1918, Münchener und Bremer Räterepubliken, Spartakusaufstände in Berlin, Rote Ruhrarmee, etc.). Diejenigen, die sich eine Zeit lang halten konnten, waren durchgehend einem Waffendruck ausgesetzt, der ein Gros ihrer Ressourcen bündelte. Wie soll man denn unter solchen Voraussetzungen überhaupt etwas praktisch beweisen können? Von wegen, niemand wird euch dran hindern.
Mir zeigt das nur eins: Menschen, die solche Einlassungen von sich geben, wollen in Wirklichkeit rein gar nichts von der vorgebrachten Kritik wissen. Es sind insofern auch keine Einlassungen. Als ob man solchen Typ Einwand mit einem gelungen Beispiel von irgendwas überzeugen könnte. Dem könnte man Tausend solche Beispiele vorlegen und er würde sie nicht gelten lassen. Fakten sprechen eben niemals für sich selbst, sondern müssen immer erst interpretiert und theoretisch eingeordnet werden. Und dann kommt ja auch noch die Propaganda der Gegenseite hinzu, die eine korrekte Einordnung erschwert, wenn nicht gar verunmöglicht.
Und angenommen, er hat recht, man probiert es aus und der Kommunismus funktioniert nicht. Warum soll das automatisch ein Argument für den Kapitalismus sein? Gilt die Kritik dann plötzlich nicht mehr? Ist es dann egal, dass dieser Wirtschaftsweise jährlich Milliarden zum Opfer fallen, nur weil er sich in seiner ausgemalten Horrorphantasie einer kommunistischen Planwirtschaft in seiner Auswahl an bunten Hemden eingeschränkt und so seine Individualität beraubt sieht.
Der einzig richtige Schluss aus dem Scheitern einer Planwirtschaft wäre, ihre Fehler zu ergründen und dann eben eine andere auszuprobieren. So einfach. Die politischen Sachwalter des Kapitalismus nehmen doch andauernd Anpassungen an ihrem Standort vor, weil er ihnen ansonsten auseinanderzufallen droht. Warum Kommunisten nicht dasselbe Recht auch Nachbesserungen gestattet sein? Warum sollen sie aus dem Stand etwas hinbekommen, was bürgerliche Staaten nicht einmal versuchen wollen? Viele Bürger Osteuropas bereuen bitterlich, diesen richtigen Schluss seinerzeit nicht gezogen zu haben. Dem inzwischen etablierten Weltmarkt waren die osteuropäischen Volkswirtschaften nicht gewachsen, weil sie nach anderen Kriterien - als einzig nur der Rentabilität verpflichtet - eingerichtet wurden. Hätten die Ostdeutschen 1990 doch besser eine kommunistische Revolution vollzogen, statt eine bürgerlich-nationalistische. Jetzt haben sie das Nachsehen.
Der Beweis, so schlägt "Karl Sten" vor, soll mithilfe von Genossenschaften erfolgen. Gilt für Genossenschaften etwa nicht der Vorbehalt des Mehrwerts und die Unterordnung des Arbeits- unter den Verwertungsprozess? Können die sich etwa ganz andere Kalkulationen leisten, wo sie doch für denselben Markt "in Konkurrenz zu kapitalistischen Firmen" produzieren sollen? Egal ob diese Genossenschaften auf dem Markt ihre Stellung halten oder sang- und klanglos untergehen, damit lässt sich doch überhaupt nichts beweisen, außer eben, dass die Konkurrenz des Kapitalismus erbarmungslos ist und es jeden treffen kann, egal welche politischen Absichten er verfolgt.
Übrigens, der geforderte Beweis ist doch schon längst auch praktisch erbracht, und zwar in noch viel größerem Umfang als gefordert, sogar statistisch dokumentiert, man muss ihn nur zur Kenntnis nehmen wollen: 14 Millionen Menschen betätigten sich allein in Deutschland 2016 ehrenamtlich, weit mehr als die Linkspartei an Wahlstimmen auf sich zieht. Im Jahr 2019 haben rund 20 Millionen Menschen rund 5 Milliarden Euro gespendet, davon mehr als 3,5 Milliarden allein für humanitäre Hilfe. Das ist pro Kopf gerechnet nicht viel, aber die Leute haben auch nicht viel zu geben. Und da ist das ganze Kleingeld an die vielen Obdachlosen meines Wissen noch gar nicht miteingerechnet.
Darüber hinaus gibt es in so ziemlich jeder größeren Stadt Organisationen für Nachbarschaftshilfe und Großprojekte Solidarischer Landwirtschaft. Bei Telegram und WhatsApp gibt es eine Vielzahl von Gruppen mit je Hunderten bis Tausenden von Mitgliedern, in denen kostenlos Güterströme organisiert werden. D.h. dort wird funktionale Gebrauchtware an Bedürftige verschenkt, anstatt auf dem Flohmarkt daraus noch den letzten Cent rausschlagen zu wollen. Dasselbe gibt es auch für immaterielle Güter. Das Projekt Wikipedia hat inzwischen die kostenlose Weitergabe von Wissen international organisiert. All diese Beispiele sind Notwehrmaßnahmen gegen die Wirkungen des Kapitals, und es gibt sicherlich noch viele mehr. Sie zeugen aufs Eindrücklichste, dass nicht jeder Mensch so gestrickt ist, dass er nur auf seinen eigenen Vorteil spechtet und auch bereit ist, Leuten zu helfen, die er nicht einmal kennt. Aber solche Beispiele sind Perlen vor die Säue und würden einen Apologeten des Kapitalismus auch niemals überzeugen.