Der Parlamentarismus als Anachronismus

Seite 7: Länderparlamente und der Bundesrat sind unnötig

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In Deutschland leisten wir uns ein Relikt aus dem Mittelalter: die Bundesländer, die gewissermaßen die Rechtsnachfolger der Duodezfürstentümer der Feudalzeit sind. Die Westallierten, die 1949 in Westdeutschland das Grundgesetz genehmigt hatten, wollten ein föderal dividiertes und damit politisch handlungsschwaches Deutschland, auch als Sicherheitsmaßnahme gegen einen mächtigen Zentralstaat, der einem Diktator leichter in die Hände fallen kann als eine Bundesrepublik. Die Gebietsgliederung der Bundesrepublik folgt teilweise überlieferten Aufteilungen, zeigt aber auch skurrile Missbildungen, wie sie typischerweise am grünen Tisch von Miltärgouverneuren entstehen. Man hat sich allmählich darin eingerichtet, und eine Neugliederung, wie sie anfangs für das Provisorium Bundesrepublik für selbstverständlich gehalten wurde, scheint heute wegen der Mischung aus Regionalpatriotismus, Desillusionierung und geistiger Trägheit bei den Bürgern so schwierig, dass sich kein Politiker daran die Finger verbrennen will.

Dabei sind die Bundesländer mittlerweile nur noch territorielle Hilfsorgane des Bundes, d.h. sie haben in echten politischen Fragen nichts zu entscheiden, sondern führen hauptsächlich in Auftragsverwaltung für den Bund dessen Gesetze aus. Soweit die Länder Normsetzungsbefugnisse haben, betreffen diese nur den politischen Randbereich, wie Polizei, Gesundheit, und in geringem Umfang auch soziale Belange sowie das Gesundheitswesen. Dafür braucht man aber keine Länderparlamente.

Für ein landesspezifisches Polizeirecht besteht unter dem Gesichtspunkt der Rechtseinheitlichkeit keine Notwendigkeit. Die Uniformen der Polizei sollten aus Gründen der leichten Wahrnehmung bundeseinheitlich sein. Bei der wirksamen Verbrechensbekämpfung sind Egoismen der Länder hinderlich.

Die Freiheiten der Länder auf dem Gebiet der Bildungspolitik stehen bundesweit gültigen Schulabschlüssen im Weg. Das hat man schon vor der Gründung der Bundesrepublik erkannt, und so haben sich erstmals 1948 die Kultusminister in den Westländern zu einer Konferenz versammelt, die seither eine merkwürdige Eigenexistenz führt. Gerade im Zeitalter der Globalisierung müsste sich die gesamte schulische Bildung in den Händen eines zentralen Regelungsorgans befinden. (Das gilt auch für die Berufsausbildung.)

Durch den Vorrang des Bundesrechts über das Landesrecht sind die Länderverfassungen in weiten Teilen nur bedeutungslose Proklamationen, und die Länderparlamente eigentlich nur Karriereschmieden für Machtpolitiker sowie Versorgungsanstalten für ihre Steigbügelhalter. Die Länderparlamente haben nicht den geringsten Einfluss auf die Bundespolitik. Nach einer Auflösung der Länderparlamente würden die Bürger sie vermutlich nicht vermissen. Der Bundesrat steht nicht nur dem Bund, sondern auch sich selbst im Weg. Die Länderparlamente haben im Bundesrat nichts zu melden, dort bestimmen nur die Länderegierungen, d.h. die Ministerpräsidenten mit, wobei diese nach Art mittelalterlicher Landesfürsten Obstruktionspolitik zum Nachteil Deutschlands betreiben. Eine vernünftige Gesetzgebung ist unter diesen Umständen nicht möglich.