Pakistan: Todesurteil gegen Ex-Präsident Musharraf
Der Politiker wurde des Hochverrats für schuldig befunden und kann nun von seinem Exil in Dubai aus in Berufung gehen
Heute verkündete ein Anti-Terror-Sondergericht in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad, dass es den ehemaligen pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf in einem seit 2013 laufenden Verfahren mit zwei zu einer Richterstimme des Hochverrats nach Artikel Sechs der pakistanischen Verfassung für schuldig befunden und deshalb zum Tode verurteilt hat. Der 76-Jährige, der seit 2016 im Exil in Dubai lebt, kann gegen diese Entscheidung in Berufung gehen. In einer Videobotschaft aus einem Krankenhaus hatte er Anfang des Monats das gesamte Verfahren als politisch motiviert abgelehnt.
Musharraf, der 1943 im indischen Delhi geboren wurde und bei der Teilung der ehemaligen britischen Kolonie zusammen mit seinen Eltern nach Pakistan umsiedelte (vgl. Teile und herrsche), trat 1964 dem pakistanischen Militär bei, wo er es in 34 Jahren ganz an die Spitze schaffte. Das verdankte er allerdings nicht alleine seinen Fähigkeiten, sondern auch der Protektion des ehemaligen pakistanischen Premierministers Nawaz Sharif, der glaubte, mit einer senioritätsprinzipwidrigen Beförderung Musharrafs mehr Kontrolle über den Militärapparat zu erlangen.
Unblutiger Brutus
Tatsächlich stellte sich das Gegenteil als zutreffend heraus: Noch bevor ihn dieser entlassen konnte setzte Musharraf Sharif im Jahr nach seiner Beförderung in einem unblutigen Putsch ab und ließ sich 2001 zum Staatspräsidenten wählen. Dieser offiziellen Amtsübernahme im 9/11-Jahr folgte eine Gratwanderung zwischen der Erfüllung von Forderungen und der Beruhigung des Verbündeten USA und der Erfüllung von Forderungen und der Beruhigung der Islamisten im eigenen Land (vgl. Zwischen Washington und Kabul und Musharrafs schmaler Grat).
Dabei bekam Musharraf von beiden Seiten Kritik ab: Die Islamisten nahmen ihm unter anderem übel, dass er 2007 die Rote Moschee in Islamabad stürmen ließ (vgl. Dschihad in der Roten Moschee und Musharraf räumt auf) - und die Amerikaner fragten sich nicht erst seit der Entdeckung von Osama bin Laden in Abbottabad, ob der Muhadschir tatsächlich überzeugt hinter ihnen steht (vgl. Bush erhöht den Druck auf Pakistan).
Alte Fehde mit der Judikative
Musharrafs Anspruch, Präsident und Militärchef in Personalunion bleiben zu wollen, führte ihn außerdem in Konflikte mit der pakistanischen Judikative, deren Chef Iftikhar Muhammad Chaudhry er am 9. März 2007 und nach dessen Wiedereinsetzung durch den Obersten Gerichtshof im November 2007 erneut absetzte.
Dazwischen hatte er den Ausnahmezustand ausgerufen (vgl. Musharraf verhängt Ausnahmezustand in Pakistan). Bei der folgenden Parlamentswahl im Februar 2008 wurde Musharrafs Partei, die Moslemliga, dann nur mehr drittstärkste Kraft (vgl. Der Anfang vom Ende Musharrafs?). Danach konnte er sich nur noch sechs Monate lang im Amt halten (vgl. Die letzten Tage von Musharraf und Der Präsident tritt zurück, das Chaos bleibt).
Nach seiner erneuten Amtsübernahme am 5. Juni 2013 drängte Nahwaz Sharif auf Strafverfahren gegen Musharraf: Eines davon wurde am 20. August 2013 wegen des Verdachts auf eine absichtliche Vernachlässigung des Schutzes seiner 2007 von Islamisten ermordeten Rivalin Benazir Bhutto eingeleitet, blieb aber bislang ohne Folgen (vgl. Kennedy-Attentat auf Urdu). Das andere, in dem jetzt das Urteil gesprochen wurde, begann am 2. September 2013. Grundlage des darin verhandelten Hochverratsvorwurfs war der Ausnahmezustand, den Musharraf 2007 angeordnet hatte.
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