Profite für Reiche, Krise für das Volk: Die bittere Wahrheit über Deutschlands Agrarpolitik
- Profite für Reiche, Krise für das Volk: Die bittere Wahrheit über Deutschlands Agrarpolitik
- Bauernproteste und Lobbyismus: Ein unheiliges Bündnis
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Machtspiel im Schatten der Traktorproteste. Auch Bauern sind nur Figuren auf einem größeren Schachbrett. Eine Telepolis-Kolumne über Lobbymacht und Bauernopfer.
Das Jahr hat turbulent angefangen: Hunderttausende Menschen demonstrieren auf den Straßen gegen Rechtsextremismus, eine Gewerkschaft macht Ernst, die Bauern rollen mit Traktoren in Berlin ein und einige Sparvorschläge werden wieder zurückgenommen.
Bauernproteste: Erwachen der Landwirte oder Inszenierung?
Man könnte auf die Idee kommen, dass jetzt die Zeit der Veränderungen anbricht und ausgerechnet die Bauern dazu das Signal gegeben haben. Aber werfen wir einen Blick unter die Oberfläche, unter der eine alte, gut vernetzte Lobby mit ganz anderen Interessen erscheint.
Um jeden Euro wird in der Regierung gerungen, jede Einsparung gerechtfertigt, um ja nicht die Schuldenbremse infrage zu stellen oder doch gar an die wachsenden, riesigen Vermögen heranzugehen. Die neue Studie zur sozialen Ungleichheit von Oxfam hat Anfang des Jahres für Schlagzeilen gesorgt. Die weltweit 148 größten Unternehmen haben allein letztes Jahr 1,8 Billionen US-Dollar an Gewinn erwirtschaftet.
Macht und Manipulation: Wer profitiert von Bauernprotesten?
Das Gesamtvermögen der fünf reichsten Deutschen ist seit 2020 inflationsbereinigt um ca. 75 Prozent auf enorme 155 Milliarden US-Dollar angewachsen. Während die Krisen viele Menschen ärmer und Not leidender gemacht haben, erweisen sich Pandemie, Kriege und Inflation für die Reichsten als ein Goldrausch.
Schlagzeilen und Fakten, die in der Politik weder Überlegungen noch Handlungen hervorrufen. Tag für Tag werden dagegen Sparvorschläge gemacht, die vorwiegend die nicht so vermögenden oder ohnehin schon gebeutelten Bevölkerungsteile treffen.
Verschwiegene Krise: Bauernproteste als Symptom größeren Übels
Kurzfristig legt sich die Regierung mit einer starken Lobby an – mit dem Bauernverband. Die Landwirtschaft lebt von Subventionen, denn die neoliberale Politik und der Preisdruck haben das Geschäft mit den Agrarrohstoffen immer unrentabler gemacht.
Dagegen konnte die Lebensmittelindustrie bei den verarbeiteten Nahrungsmitteln die Preise stetig anpassen und die Profite steigern. Über sechs Milliarden Euro zahlt Brüssel jährlich allein für die Landwirtschaft in Deutschland aus.
Dazu kommen die Subventionen vom Bund. Und genau diese ging es jetzt. Die Bauern lassen sich nicht lange bitten und rücken mit schwerem Gerät vor den Bundestag. Erstaunlich daran ist eher, welche Wellen die Proteste schlagen und wie intensiv die Medien berichten, wie sehr sich alle Parteien dann um die Bauern bemühen.
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In Berlin gibt es jeden Tag Demonstrationen, auch immer wieder größere, aber weder die Politik noch die Hauptstadtpresse nehmen das in der Regel groß wahr. Ich habe auch noch keine Proteste gesehen, auf der so viele Minister anwesend sind und sich ein Finanzminister mit seiner Rede bei den Demonstranten anbiedert und seine eigene Regierung abwertet.
Bauernproteste: Zwischen politischem Druck und Ausbeutung
Die Regierung hat die Streichung der Befreiung der Kfz-Steuer für Landwirtschaftsfahrzeuge schnell zurückgenommen. Sie stammt übrigens aus dem Jahr 1922, um den Umstieg vom Nutztier auf den Traktor zu beschleunigen. Die Vergünstigungen beim Agrardiesel sind nicht vom Tisch, sollen aber schrittweise abgebaut werden.
Plötzlich haben wir eine Debatte über Höfesterben, Arbeitsplatzverluste, mangelnde Möglichkeiten der Landwirte – gestiegene Kosten weiterzugeben, zusätzliche Belastungen und sogar über unsere Lebensmittelversorgung. Das ist alles wichtig, aber warum erst jetzt?
Die Subventionskürzungen sind ganz sicher nicht der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Ein Bauer versorgt heute etwa 134 Menschen, statt 17 wie noch vor etwa 60 Jahren.
Ja, die Politik hat einen großen Anteil daran, dass immer weniger Menschen von der Landwirtschaft leben können, dass immer mehr Landwirte unter Druck gerieten. "Wachse oder Weiche" wurde zu einem neoliberalen Mantra, das zu einem massiven Höfesterben führte.
Der Höhepunkt wurde aber bereits vor 20 Jahren erreicht. Zwischen 2000 und 2010 wurden 173.000 Betriebe aufgegeben. Dann ging die Zahl der Schließungen zurück, auch wenn sie nie ganz gestoppt wurden. Höfe mussten und müssen verkauft, zusammengelegt und vor allem optimiert werden. Tiere mussten schneller und billiger gemästet werden, enger zusammengepfercht und schneller "verarbeitet" werden.
Die wahren Opfer der Bauernproteste: Ein Blick hinter die Kulissen
Von der bäuerlichen Idylle, die uns immer noch vor Augen geführt wird, ist längst nichts übrig geblieben. Eine durchschnittliche Kuh versorgte uns ursprünglich mit 2.000 Kilogramm Milch pro Jahr, bereits 1990 pumpten wir ihr maschinell fast 5000 Kilogramm ab. Weiter hochgezüchtet, werden einer deutschen Milchkuh heute durchschnittlich deutlich über 8.000 Kilogramm abgepresst. Aus Nutztieren wurden effiziente Milchfabriken.
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Bei der "Fleischproduktion" in den Mastbetrieben sieht es fast noch schlimmer aus. Nicht, weil die Bauern das wollten, sondern weil der Markt es verlangt. Geduldet und gefördert von der Politik. Wir Verbraucher – vorwiegend in Deutschland – wollten anteilig immer weniger für unsere Nahrung ausgeben und haben gleichzeitig lange unseren Milch- und Fleischkonsum gesteigert.
50 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland werden inzwischen für den Anbau von Tierfutter belegt. Dafür wurde der Anbau von Obst und Gemüse stark heruntergefahren. Die Bundeszentrale für Ernährung beziffert den Anteil des Imports von Gemüse knapp zwei Drittel und beim Obst sogar mit vier Fünftel.
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