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Seite 8: Ronald Reagan

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Ronald Reagan

William J. Casey

Präsidentendarsteller Ronald Reagan kannte die CIA vorwiegend aus Filmen. Er berief 1981 seinen umtriebigen Wahlkämpfer William J. Casey auf den Chefsessel, den Gattin Nancy wegen dessen schlechten Manieren nicht am Kabinettstisch sehen wollte. Casey, der im Zweiten Weltkrieg Einsätze hinter der Front geleitet hatte, war ein glühender Bewunderer des rechtsgerichteten OSS-Gründers Wild Bill Donovan. Selbst Ford und Bush erschien der ungehobelte Haudegen Casey als die falsche Wahl. Bei der ersten Sitzung, in welcher Reagan über die Außenpolitik unterrichtet wurde, fragte der Präsident lediglich, ob die Herren noch einen Drink wünschten und ward für den Rest seiner Amtszeit nicht mehr gesehen. Großes Interesse zeigte jedoch der Vizepräsident: der ehemalige CIA-Direktor Bush.

Casey bekam freie Hand für alles, was geheim blieb. Verdeckte Operationen fanden fortan wieder in der ganzen Welt statt, insbesondere auch in Zentralamerika, sogar terroristische Programme gegen Kuba.

Die Geheimdienstpolitik bestimmte eine im Keller des Weißen Haus tagende Gruppe um Casey, Haig und den neuen Verteidigungsminister Caspar Weinberger. Casey schrieb die für das Weiße Haus vorgesehenen CIA-Berichte in seinem Sinne um; Bedenkenträger in der CIA hatten keine Chance. Wie früher wurde der Kongress über die wahren Ziele der CIA belogen, zur Not vom Präsidenten höchstpersönlich. Der ehemalige NSA-Direktor Bobby Inman, der Casey zur Seite gestellt worden war, kündigte, weil selbst er ständig von seinem Chef belogen wurde. Ebenso Nachfolger McMahon, der die illegale Waffenlieferungen an die verfeindeten Staaten Iran und Irak nicht mittragen wollte. Casey verjüngte und vergrößerte das Personal der CIA um 2000 Mitarbeiter und machte damit Nixons, Fords und Carters Einschnitte rückgängig. „Go kill Soviet soldiers“ war Caseys Ansage an die Agenten, die sich in Afghanistan engagierten. Heroin wurde ein gängiges Zahlungsmittel der CIA. Gegen Ende seiner Amtszeit hatte er die Größe der CIA nahezu verdoppelt und ihr einen eindrucksvollen Glaspalast hinterlassen.

Casey fand Wege, Geheimoperationen wie etwa die Bewaffnung der Mujaheddin am Kongress vorbei etwa durch andere Staaten zu finanzieren und von Partnerdiensten durchführen zu lassen – jenseits parlamentarischer Kontrolle. Eines der Projekte wurde als Iran-Contra-Skandal bekannt.

Casey schaffte es noch, einen Kongress-Ausschuss zu belügen, bevor er nach einem Nervenzusammenbruch motorisch gelähmt wurde und bald darauf verstarb – der CIA-Chef hatte mindestens ein Jahr unerkannt an einer lymphbedingten Geisteskrankheit gelitten. Auch sein Präsident Reagan, der seinerseits etwa Kommunismus als Geisteskrankheit zu bezeichnen pflegte, hatte in den letzten Jahren seiner Amtszeit Ausfälle gezeigt, die Jahre später als Symptome von Alzheimer diagnostiziert wurden. Zwar räumte Reagan ein, die Öffentlichkeit belogen zu haben, politisch jedoch lastete man die Fehltritte dem verstorbenen Casey und der CIA an, die sich naturgemäß nicht wehren konnten.

William Webster

Caseys rechte Hand Robert Gates übernahm zunächst kommissarisch die Führung, erschien jedoch wegen seiner Nähe zu seinem kontroversen Ex-Chef als moralisch ungeeignet. (Heute ist er amtierender Verteidigungsminister.) Als neuen Behördenleiter wählte man 1987 einen der Reagan-Kumpanei unverdächtigen Mann: Der ehemalige Richter und langjährige Chef der mit der CIA traditionell rivalisierenden Bundespolizei FBI William Webster, der nie mit dem Präsidenten zu tun gehabt hatte und sich Carters Politik näher fühlte.

Webster konstatierte, dass in der CIA die rechte Hand nicht wusste, was die linke tat. Viele Berichte über Missstände waren von seinen Vorgängern kommentarlos abgeheftete worden. Den Stationschefs im Ausland hatte man nahezu freie Hand gelassen. Der Jurist Webster wollte illegale Operationen nicht mittragen, was jedoch dem täglichen Geschäft der CIA entsprach. Mit der Demission des Bush-Vertrauten Duane Clarridge, eines langgedienten Täuschungskünstlers, der sich um das Belügen des Kongresses verdient gemacht hatte, verließen eine Reihe ähnlicher Gestalten die CIA.

In Websters Amtszeit fiel der auf Verrat beruhende Verlust der wenigen Quellen in der Sowjetunion, sowie die Erkenntnis, dass alle kubanischen Informanten Doppelagenten waren. Brauchbare Informationen etwa für die Abrüstungsverhandlungen lieferte nur die von der NSA und dem Pentagon betriebene Signalspionage, vornehmlich die Satellitenbilder. Während viele verdeckte Operationen beendet wurden, intensivierte die CIA ihr Engagement in Afghanistan, wo man zwar die Sowjets letztlich vertrieb, dafür aber hochgerüstete Warlords, Fundamentalisten und die größte Heroinproduktion der Welt hinterließ.