Mehr Licht als Schatten
Castlevania - ein Fantasy-Klassiker in neuem Gewand
Es gibt etliche Gründe dafür, was ein gutes Spiel ausmacht, oft auch schwer verständliche. In Konamis neuem Castlevania-Teil, Castlevania: Lord of Shadow, kommt zur prachtvollen Optik ein anspruchsvolles Kampfsystem, das Anlass zu Ärger und Freude gibt. Denn selbst erfahrene Spieler stellt es vor eine Herausforderung.
Abwechslungsreiche Entscheidungsfreiheit macht Strategiespiele wie Starcraft II faszinierend, genial konstruierte Level-Architekturen Jump `n` Runs wie Super Mario Galaxy 2, Charaktere, Story und Individualisierungsoptionen Rollenspiele wie Mass Effect 2 oder gnadenlose Schussgefechte gegen gewitzte KI (künstliche Intelligenz) Ego-Shooter wie Halo: Reach. Doch worin liegt der Reiz an einer Abfolge teils ärgerlicher Niederlagen? Beim 3D-Action-Adventure Castlevania: Lord of Shadow ein gutes Stück am Ergebnis: dem hart erkämpften Sieg. Mit einer Mischung aus Abneigung und Vorfreude kehrt man immer wieder gern zurück in die gruselige Fantasy-Welt der Vampir-Sage.
Held des Spiels ist ein neuer Belmont - ein vermeintlicher Verwandter der Protagonisten aus mehr als 20 Jahren Castlevania-Geschichte, die hierzulande 1987 auf dem NES (Nintendo Entertainment System) begann. Gabriel, Ritter der Bruderschaft des Lichts, hat seine geliebte Ehefrau verloren und begibt sich auf die Suche nach einem Gegenstand, der sie zurück ins Leben holen kann: Gottes Maske. Um den Hütern der drei Teile, in die die Maske zerbrochen ist, entgegen zu treten, reist er in ein Land, wo Werwölfe, Trolle, Monsterspinnen und riesige Titanen wüten.
Herausfordernd-taktische Kämpfe statt blindwütige Metzelei
Castlevania: Lord of Shadow ist ein erneuter Versuch, die Kultspielserie ins Zeitalter der 3D-Grafikdarstelllung zu transportieren. Dazu hat Hersteller Konami das Prinzip der Vorgänger auf ein Minimum herunter kochen lassen und der Essenz Peitschenkämpfe mit viel Springerei einen zeitgemäßen Rahmen verpasst. Oberste Priorität: Es soll selbst erfahrenen Spielern eine Herausforderung bieten. Und das hat man geschafft. Obwohl sich die gut durchdachten Rätsel bei totaler Unlust auf Kosten von wichtigen Punkten überspringen lassen, zeigt jeder bestandene Kampf, dass einfältiges Knöpfchen-Drücken und wutentbranntes Ministick-Knicken zum Erfolg nicht reichen.
Streng genommen trägt der Spieler nämlich gerade genug Ressourcen mit sich, um langfristig zu bestehen. Ein wohl durchdachtes Kampfsystem, für das man die Entwickler MercurySteam (Clive Barker's Jericho und Kojima Productions (Metal Gear Solid-Reihe) nur loben kann, ermöglicht es ihm allerdings, ein drohendes Energiedefizit auf zwei verschiedene Arten auszugleichen.
Neben etlichen anderen Power-ups und Waffen findet Gabriel zwei Sorten von Magie, die er parallel im Kampf benutzen kann. Kämpft er ohne Magie, lassen die Gegner leuchtende Energiekugeln fallen, die Gabriel aus seinem direkten Umkreis anzieht und einer der beiden Magien als Zündstoff zuweist. Schrumpft seine eigene Lebensenergie, aktiviert er Lichtmagie und absorbiert frisches Leben aus besiegten Gegnern. Anders wirkt aktivierte Schattenmagie im Kampf. Sie fügt den Feinden doppelten Schaden zu und schwächt sie so merklich - ein Trick, den schon Genre-Kollege Kratos mit seiner Rage-Anzeige und dem Ausbruch von Spartas Zorn anwenden durfte.
Altes Prinzip in prachtvoller Umsetzung
Prinzipiell handelt es sich bei Castlevania: Lord of Shadow nämlich - so entwertend das auch klingen mag - um einen weiteren God-of-War-Klon. Nachdem zuletzt das durchschnittliche Dante's Inferno, das etwas bessere Darksiders und schließlich das spektakuläre, aber spielerisch auch althergebrachte God of War III dem Hack `n` Slash-Rezept schlicht nur neue Waffen, Zauber, Gadgets und Kampf-Moves hinzufügten, führt das neue Castelvania diese Tradition fort.
Das gewisse Etwas kitzeln die Macher dem Spielkonzept mit erweiterten Handlungsmöglichkeiten heraus, die dem Spieler der hollywoodwürdig erzählten Geschichte nach und nach einen individuellen Kampfstil erlauben. Seine Aufgabe ist es, die hinzugewonnenen Knöpfchen-Kombinationen zu lernen und mit taktischer Genauigkeit schnell und gezielt an den gleichzeitig auf ihn lauernden Gegnertypen einzusetzen. Die an Crash Of The Titans und Batman: Arkham Asylum erinnernde Möglichkeit, einigen mittelgroßen Bestien nach dem Sieg auf den Rücken zu steigen und sie samt ihrer Zerstörungskraft zu steuern, bringt ein zusätzliches Spaßelement ins Spiel, das für kurze Zeit ein Gefühl von Unbesiegbarkeit verleiht.
Dass das Ganze in cineastischer Optik präsentiert wird und die Konsolen (PlayStation 3 und Xbox 360) an ihre Grenzen stoßen lässt, wird besonders bei den an Shadow of the Colossus erinnernden Bosskämpfen deutlich, die vergleichbar episch in Szene gesetzt sind.
Fans bekommen mit Castlevania: Lord of Shadow also unterm Strich einen Top-Vertreter des Genres, dessen Schwächen wie eine starr installierte, nicht immer ideal ausgerichtete Kamera sowie gelegentlich unfaire Spring- und Kletterpassagen auch von knapp 20 Stunden Spielzeit und massivem Wiederspielwert (wegen etlicher versteckter Extras und freischaltbarer Zusatzherausforderungen) ausgeglichen werden.
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