"Ultra montes"

Seite 7: Bischof Lefebvre und der klerikal-faschistoide Komplex

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Bei allen Konzessionen, die der polnische Papst an rechte bzw. traditionalistische Katholiken gemacht hat, kann man dennoch davon ausgehen: Woytila hätte die Karfreitagsbitte nicht wieder zugelassen, und er hätte auch die Lefebvrianer nicht ohne Vorleistungen oder Bedingungen von der (unter seinem Pontifikat) 1988 verhängten Exkommunikation befreit.

Sein Nachfolger, der deutsche Papst, hat, um es fair wiederzugeben, 2009 keinerlei Holocaust-Leugnung gutgeheißen. Ist das beruhigend? Bischof Williamson und andere derzeit zitierte Mitglieder der Pius-Bruderschaft sind als direkte Holocaustleugner vielleicht sogar wirklich eine Minderheit in ihrer Sekte. Es bleiben aber die Wurzeln im klerikal-faschistoiden Komplex, zu dem mit großer Regelmäßigkeit die ultramontan gefärbte Judenfeindlichkeit gehört. Der kath. Theologieprofessor Hermann Häring erklärt dazu im tz-Interview:

… es ist ein Skandal, dass übersehen wurde, dass diese Piusbruderschaft – unabhängig von den Äußerungen des Herrn Williamson – notorisch antisemitisch ist. Ich habe die hetzerischen Äußerungen Lefebvres über die Juden und die Kommunisten noch im Ohr! Man wusste, dass er ein guter Freund Francos und Pinochets war. Wenn der Papst das alles wirklich nicht gewusst hat, wäre ihm vorzuwerfen, dass er sich dafür nicht interessiert hat.

Auch der soeben aus der Kirche ausgetretene niederländische Theologe Jean-Pierre Wils meint, die Pius-Bruderschaft sei eine "extrem reaktionäre und zutiefst antisemitische Gruppe, die mit Diktatoren und rechtsgerichteten Regimen sympathisiere". Selbst die konservative FAZ konstatiert Nähe zur "Neuen Rechten".5

Mit diesen Traditionalisten nun, so Hans Küng, wird größte Nachsicht geübt, während etwa Befreiungstheologen vom selben Papst noch immer mit mittelalterlichen Redeverboten bedacht werden (Ratzingers Angst vor der Kirche der Armen). Nicht einmal die Anerkennung des von ihnen offen bekämpften II. Vatikanischen Konzils wird den Traditionalisten abverlangt.

An diesem ungeheuerlichen Verfahren könnte man wiederum leicht ablesen, wohin die Reise geht. Denn es gibt durchaus Schnittmengen mit der Geisteswelt von Papst Benedikt, der ebenfalls ein erklärter Antimoderner ist und an der Französischen Revolution kaum ein gutes Haar lässt.

Da über solche Zusammenhänge aktuell immer mehr Informationen angeboten werden, lassen sich die Medien nicht beschwichtigen. Dass auch Mitglieder der deutschen Bischofskonferenz bei ihrer Kritik bleiben, ehrt diese.